Samstag, 6. November 2010

Passat-Kongress Sardinien 2010

























So,

Kampala ist schon wieder länger her, momentan treibe ich mich für einen bekannten niedersächsischen Automobilhersteller auf Sardinien rum. Die Bilder der Probefahrtstrecke sagen schon alles. Wir stehen an einem kleinen Yachthafen, wo die Gäste die Fahrzeuge wechseln. Dafür werden von uns dann bis zu 250 Passat zum Parken eingewiesen. Mit dem Weg dorthin und danach zur Endstation sind es täglich 412 Kurven die wir abfahren, vorherige Seekrankheit ist eintöniger Routine gewichen. Soweit so gut, es gibt wohl schlechtere Arbeitsplätze.

Schöne Grüße an das Novemberwetter daheim ;-)

Dienstag, 14. September 2010

Ich bin dann mal weg.

So liebe Leser,

meine lange Reise in einen anderen Erdteil ist am 12.09. am Bahnhof Laatzen-Eichstr. um 10.29 Uhr mit der Ankunft der S4 nach Bennemühlen zu Ende gewesen. Das war auch so unspektakulär wie es klingt.

Ich hoffe es war interessant für euch, mit hat es jedenfalls Spaß gemacht. Jetzt freue ich mich, euch alle endlich mal wiederzusehen.

Uganda und seine Leute werde ich sehr vermissen. Ich werde da sicher nicht das letzte mal gewesen sein. Und daher ziehe ich den Terminator aus der Zitatekiste:

"I'll be back!"

Dienstag, 31. August 2010

Genozid-Gedenkstätten Nyamata & Ntarama







































































Kigali an sich ist zwar ganz nett, aber auch nicht übermäßig interessant. Für jeden Ruanda-Besucher bietet sich daher wegen der räumlichen und zeitlichen Nähe (gerade mal 16 Jahre her!) ein Besuch der beiden Genozid-Memorials Nyamata und Ntarama 30 Kilometer außerhalb Kigalis an. Sie liegen wirklich mitten auf dem Land und sind nicht einfach zu finden, am besten man lässt sich von den ortskundigen Boda-Fahrern hinbringen. Auch in der Provinz sind die Landstrassen übrigens erstklassig.

Die erste Stätte bildet die Kirche von Nyamata. Als es schon 1992 zu Übergriffen auf Tutsi kam, wurde sie zur Fluchtstätte von Hunderten Menschen. Damals konnte man sich erfolgreich verbarrikadieren. Nicht so 1994. In dem unscheinbaren Kirchengebäude auf dem 3. Bild zwängten sich im April 1994 fast 11.000 (efltausend!) Personen. Die Hutu-Milizen, vom Militär unterstützt, sprengten die Tür auf, schmissen Handgranaten hinein (Löcher von Splittern in der Decke, 4.Bild), feuerten wahllos in die Menge und töteten alle, die das überlebt haben, mit Macheten, Ketten, Knüppeln. 2 Tage dauerte das Massaker. Die Klamotten der Opfer liegen noch zu tausenden in der Kirche. Exemplarisch für diese archaischen Töungsmethoden liegt eine Sammlung an Schädeln in der Krypta, welche aufgrund ihrer Frakturen eindeutig auf Einsatz von Macheten und Knüppeln hindeuten. Die unscheinbaren weiß gefliesten Sockel mit dem "Kellerfenster" im Garten der Kirche beherbergen die Gebeine von 45.000 ermordeten Menschen aus Nyamata und Umgebung. Man kann sie begehen, und nachdem man eine steile Treppe recht tief heruntergeklettert ist, steht man an zwischen 4 Meter hohen Regalen, voll gefüllt mit Schädeln und Knochen. Nicht nur die Dunkelheit machte das zu einem eindringlichen Erlebnis.

Um die 8 Kilometer weiter steht die zweite Stätte der Region, das Ntarama Genocide Memorial. Auch dies war eine Kirche, diese mit angeschlossener Sonntagsschule, und ist mittlerweile durch ein Metalldach gegen die Witterung geschützt. An diesem Ort finden sich jedoch weniger die Klamotten der Opfer, sondern mehr persönliche Gegenstände: Matratzen, Kochgeschirr, Spielzeuge, Schmuck, Pässe, aber auch einige der verwendeten Mordwerkzeuge. Hier ist das Massaker fast genauso abgelaufen: 5000 Menschen drängen sich in einem Kirchgebäude, in der Hoffnung auf Schutz. Die Milizen sprengten Löcher in die Mauern und warfen auch hier Granaten in die Menge. Die Knochen und Schädel finden sich auf 2 Seiten des Gebäudes in Regalen.

Für einen besonders widerlichen Exzess steht aber das letzte Bild. Es ist der Klassenraum der Sonntagsschule. Der dunkle Fleck an der Wand ist das geronnene Blut - von den Kindern, die zum Töten gegen die Wand geschleudert wurden.

Es macht einfach sprachlos...

Montag, 30. August 2010

Kigali, Ruanda
































































Etwa 500 Kilometer südwestlich von Kampala entfernt liegt Kigali, die Hauptstadt Ruandas. Ich nutzte ein verlängertes Wochenende, um dem Land mit dieser bewegten Geschichte einen Besuch abzustatten. Wie auch nach Gulu fahren hier die Überlandbusse von verschiedenen Firmen. Der "Jaguar" fuhr um 1 Uhr nachts los. Leider hatte ich neben mir einen Bär von Mann sitzen, sodass ich für die Hälfte der Fahrt, bis endlich jemand ausgestiegen war, mit etwa 35cm Sitzbreite zu kämpfen hatte. Das rädert einen ganz schön. In der Früh gegen 6 Uhr erreicht man die ugandisch-ruandische Grenze bei Katuna. Die Einreise nach Ruanda ist für EU-Bürger kostenlos. Während der Grenzpassage, die eine gute Stunde dauert, bekommt man durch den Morgennebel bei Sonnenaufgang einen schönen Vorgeschmack auf das "Pays des mille collines", das Land der tausend Hügel. An der Grenzabfertigung stauen sich natürlich unzählige LKW, der EU und Schengen sei Dank, dass solche langwierigen Grenzübertritte unter Nachbarländern bei uns nur noch ferne Erinnerung sind. Nach Kigali sind es dann nochmal etwa 100 Kilometer.

Als wir endlich ankamen, stürmte ich aus dem Bus, freudig, mich in eine quirlige Großstadt zu stürzen, in ein belebtes Cafe zu treten, ersteinmal ausgiebig frühstücken.
Da war aber nix. Null Verkehr, wenig Leute, alle (!) Läden geschlossen. Fehlte nur noch diese vorbeiwehende Strohkugel aus den Westernfilmen. Es lag weder an der Uhrzeit noch am Wochentag (Samstag). Es war: Umuganda-Day! Jeden letzten Samstag im Monat wird die ruandische Bevölkerung aufgerufen, Dienst am Gemeinwesen zu üben. Es bedeutet, dass jeder volljährige Einwohner, der körperlich in der Lage ist, mit seiner Umuganda-Gruppe (Umuganda heisst sowas wie "Beitrag") Wege ausbessert, Bäume schneidet, Blumenbeete pflegt, Strassen mit dürrebedingt eigentlich kostbarem Wasser reinigt. Die fleissigen Leute auf den Bildern in Arbeitskleidung, wie den gelben Westen oder Blaumännern, sind alles keine kommunalen Angestellten, sondern tatsächlich bloss normale EInwohner! Sich drücken? Is' nich!, das ganze ist nämlich staatlich sanktioniert und wird bei Verstoß finanziell bis hin zu kurzer Haft geahndet. Um etwa 13 Uhr endet das ganze. Dann hat das ganze Land volle 4 Stunden unbezahlt gearbeitet. Ich finde, dies ist eine sympathische Idee (und ein gutes Thema für eine Erörterung im Schulaufsatz!!), es gilt als identitätsstiftend, da etwa 50-150 Haushalte aus einer Nachbarschaft in Gruppen zusammengefasst werden, Kontakte entstehen und Probleme besprochen werden können. Leider sehen dann manche geplasterte Wege, die nicht von Strassenbauern, sondern von Buchhaltern o.ä. ausgebessert wurden, stellenweise einfach stümperhaft aus ;)

Auch sonst ist eine für ein afrikanisches Land fast preußische Ordnung vorhanden. Die Boda-Fahrer haben Registriernummern auf dem Leibchen und sogar Helme für sich und den Fahrgast. Die Fahrbahnen sind sicher und sauber, es liegt kaum Müll auf Strassen und in Strassengräben wie in Uganda, Plastiktüten sind sogar verboten. Ampeln gelten nicht nur als unverbindliche Empfehlung (man fährt übrigens rechts), und vor allem sind sie intakt. So glatt und neu die Strassen sind, so sehr spiegeln sie das schlechte Gewissen der Weltgemeinschaft wieder, beim Völkermord 1994 unfassbar versagt zu haben - Ruanda ist heute von Entwicklungshilfe überschwemmt, kein anderes Land erhält mehr pro Kopf.

Dem Genozid und den Memorials widme ich einen eigenen Beitrag. Einen ersten Kontakt zu dem Thema stellt das "Hotel des Mille Collines" in der Innenstadt dar. Während des Mordens hat der Manager des Hotels, Paul Rusasebagina, selbst ein Hutu, über 1200 Tutsis aufgenommen und damit das Leben gerettet - ein moderner Oskar Schindler. Die Hutu-Milizen konnte er mit großzügigen Gaben aus dem Hotelsafe und der Hotelbar auf Distanz halten, während die Eingeschlossenen das Wasser aus dem Pool trinken mussten. Die Geschichte wird im Film "Hotel Ruanda" von 2004 nacherzählt, ein sehenswerter Film.

Mittwoch, 18. August 2010

Gulu

































































Letztes Wochenende bin ich mit meinem US-Mitbewohner Charlie nach Gulu gefahren, da er dort für ein Fotoprojekt arbeiten musste. Wenn man verreisen will, kommt hier nur mit dem Überlandbus rum. Es gibt in Uganda zwar eine Eisenbahn - eine Linie nach Kenia und eine zum Hafen Port Bell am Viktoriasee, die aber vor wenigen Jahren den Personenverkehr eingestellt hat und dort nur noch Güterzüge fahren... Entwicklung mal rückwärts.
Die Busse fahren verdammt schnell in der Mitte der schmalen Strasse und hupen andere Fahrzeuge mit einer extrem lauten 8-Bit-Melodie, die an "Space Invaders" erinnert, einfach beiseite. Man muss dazu sagen, dass die Verkehrsdichte im Norden Ugandas ziemlich gering ist. Wenigstens kommt man so schnell voran, die Fahrt dauert von Kampala in der Regel zwischen 4 und 6 Stunden. An den Haltepunkten an der Strecke kann man überall Getränke und Snacks kaufen, wie zum Beispiel gegrillten Mais, Cassava-Wurzel, Beef-Sticks, Chapatti-Fladen. Und, weiter nördlich, auch Hühner. Der Verkauf läuft immer über die Schiebefenster der Busse, dabei bekommt man schonmal einen Flügelschlag der Viecher ins Gesicht.
Bild 3 ist unser Hotel gewesen, das übrigens innen ganz ordentlich war.
Wir kamen gerade richtig für einen Wettbewerb in der Gulu-Dependance des Breakdance Project Uganda (BPU). Wie, Chrissi und Breakdance? Moment!

-Das BPU ist ein wohltätiges Projekt, das über Tanz benachteiligten Kindern und Jugendlichen einen Sinn, Selbstwertgefühl und Zusammenhalt bietet. Und benachteiligte Kinder gibt es in Gulu leider sehr viele. Nicht nur, dass der Norden Ugandas im Gegensatz zur Zentral-Region um die Hauptstadt Kampala wirtschaftlich nochmals deutlich schwächer ist. Hier wütete bis 2006 auch noch die LRA, die Lord's Resistance Army, eine Rebellentruppe um den geisteskranken Joseph Kony, der einen christlichen (!) Gottesstaat errichten will. Um Gulu herum kam es durch diese Bande zu christlichen Entführungen, christlichen Zwangsrekrutierungen und christlichen Morden an Kindern und Zivilisten. Deswegen flohen viele Kinder für jede Nacht nach Gulu, welche als größte Stadt der Region wenigstens etwas Schutz vor der LRA versprach. Um Gulu herum finden sich daher auch noch einige Flüchtlingscamps welche zur Zeit nach und nach geräumt werden. Die LRA hat sich in den Süd-Sudan und in den Kongo zurückgezogen.

Das BPU wurde eigentlich in Kampala gegründet und ist aus o.g. Gründen auch in Gulu tätig und hat mittlerweile deutlich über 1000 Mitglieder in Uganda. Durch T-Shirt-Verkäufe werden Schulgebühren bezahlt, es gibt Aufklärung über die Notwendigkeit, in die Schule zu gehen. Über die Arbeit des BPU gibt es eine sehr gute, professionell gedrehte Dokumentation. Den Trailer könnt ihr unter

Bouncingcats.com - Play Trailer

ansehen. Wer das Projekt unterstützen und ein T-Shirt haben möchte (5,35€) kann sich gerne melden - die Welt ist klein, der Gründer des Projekts, Abraham Tekya, ist einer meiner Mitbewohner. ;-)

Ansonsten gibt es in Gulu nicht sehr viel zu sehen, es ist eine Provinzstadt und mit 120.000 Einwohnern die zweit- oder drittgrößte des Landes. Kampala mit seinen 1,4 Millionen ist da ein ganz anderer Kosmos. Die noch größeren Probleme als in der Hauptstadt sieht man an der Zahl der weiß lackierten Geländewagen der unzähligen NGOs, hier im Bild von der AVSI (Flüchtlingshilfe) aus Italien. Bei denen wurde grade der Abschied einer Volontärin aus England gefeiert, wir wurden eingeladen, und so haben Charlie (links auf dem Rasen) und ich noch einen netten Nachmittag verbracht. Interessant waren die Hütten, die dem europäischen Afrika-Klischee von Subsistenzwirtschaft vielleicht schon ziemlich nahe kommen. Sie stehen stehen in der weiten Landschaft des Nordens überall verstreut herum.